Henning Tilp

Objects In Mirror Are Closer
Than They Appear
Galerie Jan Winkelmann Berlin
August 2007

Posted on | August 30, 2007 | Comments Off on Objects In Mirror Are Closer
Than They Appear
Galerie Jan Winkelmann Berlin
August 2007

in Zusammenarbeit mit Jan Sledz

Ansicht begrünter Innenhof, Berlin Mitte


Ein im Innenhof vor der Galerie befindliches Pflanzenbeet wurde rundherum und innen mit Spiegeln verkleidet.

Objects In Mirror Are Closer Than They Appear

Als der Berliner Galerist Jan Winkelmann Jan Sledz und Henning Tilp einlud, eine Arbeit für die Ausstellung „Volume II – How does it feel?“ anzufertigen, lauteten seine Vorgaben: „Macht `ne Intervention. Aber nichts Politisches!“
Der Leipziger Professor für Medienkunst Joachim Blank bittet seit 2006 einmal jährlich einen Gast, eine Ausstellung mit den Arbeiten seiner Schüler zu kuratieren. Letztes Jahr folgte Ben Kaufmann (schreibweise) der Einladung, dieses Jahr ist es Jan Winkelmann. Er nahm seine Rolle ernst und lud von vierzig Studenten nur sieben ein und zwar in seine Berliner Galerie. War das so gedacht: die Klassenausstellung als Billett in die Kunstmarktzone? Und wo wird da eine ganze Klasse repräsentiert?
Die Nichteingeladenen reagierten mit Unmut, den man auch vor dem Hintergrund sehen muss, dass die Fachklasse Blank vor einem reichlichen Jahr einen beeindruckenden Projektraum in einer marktfreien Enklave auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei errichtete. Wer hat nun den schwarzen Peter in diesem Spiel: der Kunstmarkt, der ideengebende Professor, der Galerist, die Sieben, die’s geschafft haben?
Sledz und Tilp betreten mit ihrem Beitrag den Galerieraum Winkelmanns nicht. Ihre Arbeit erstreckt sich auf ein etwa vier Mal vier Meter großes betonumbordetes Rasengeviert vor dem Ausstellungsraum, in dem ein schwachbrüstiger Baum steht. Sie haben die Betonborde an allen freiliegenden Seiten mit Spiegeln verkleidet und ein Protokoll der Telefonate zwischen ihnen und Winkelmann von außen ans Galeriefenster geklebt.
Die Künstler haben die Gelegenheit bekommen, in einer professionellen und bekannten Galerie auszustellen. „How does it feel“ – wie fühlt sich das jetzt eigentlich an? Zufrieden könnten Sledz und Tilp jetzt in den Räumen stehen und nach draußen blicken. Doch dort sehen sie nur sich selbst – in den Spiegelkanten der Grünfläche.
Wie in ihrer gemeinsamen Arbeit „Arbeiten im Gleisbett“ ist auch die Verspiegelung skulptural angelegt. Während die polierten und mit goldenen Kappen versehenen Gleise der U2 unterm Berliner Alexanderplatz Diskurse von Sicherheit und Sauberkeit evozierten, bleiben die Spiegel selbstreferentiell und schrammen mit ihrem Selbstverweis dieselbe Lächerlichkeit, die Winkelmanns eingangs erwähnte Vorgaben ins Spiel gebracht haben. Die Möglichkeit, Kunst bis zum Bersten mit Diskursen und Rechfertigungen zu bepacken sowie gleichzeitig die Angst genau davor – „Nichts Politisches!“ – regieren in die künstlerische Praxis hinein. Ob die Spiegel sich dem entziehen, bleibt als ningelnd gestellte Frage offen, wenn man sich eine Zeit dafür nehmen mag, die länger ist als der Moment, den der wissende Insider zum Abschreiten braucht. Unterdessen könnte man die Arbeit mit einem herzlichen Don’t qualifizieren: Sie ist schlicht und ergreifend dekorativ.

Robert Schimke

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Über

Henning Tilp ist 1975 in Leipzig geboren – 2008 Diplom Bildende Kunst und derzeit Meisterschüler-
student an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.
Er lebt und arbeitet in Berlin.